„Mädchen, da biste ja endlich wieder!“
In einer Zeit, die immer mehr von Egoismus geprägt ist, von Menschen, die meist nur an sich denken, gibt es auch sie: Menschen, die neben oder in ihrem beruflichen Leben ihre Zeit und Energie dafür einsetzen, dass es anderen besser geht. „Schönes Nauen“ stellt sie vor: die „Engel des Alltags“. Kennen Sie auch einen?

Angelika Baudisch, 66, ist seit zweieinhalb Jahren in Rente. Die gelernte Chemielaborantin und Industriekauffrau unterstützt seit fast drei Jahren die Gemeinschaftswerk Wohnen und Pflege GmbH in Nauen.
N.: Was haben Sie zuletzt zum Wohle anderer getan?
B.: Ich betreue eine WG von sieben demenziell Erkrankten und ein Ehepaar in der Häuslichkeit, also das noch bei sich zuhause lebt. Mit dem Ehepaar unterhalte ich mich hauptsächlich. In der WG spiele ich mit den Bewohnern „Mensch ärgere Dich nicht“, und bastle mit ihnen – zu Halloween haben wir kleine Gespenster aus Alufolie gebaut, wir singen Lieder und machen Ausflüge, wie zuletzt nach Kremmen zum Kürbisfest. Letzte Woche war die Hausmutti krank, da habe ich dann auch mitgekocht.
S.N.: Was hat dabei besonders Ihr Herz berührt?
A.B.: Wenn ich jeden Montag in meine WG komme und „meine Leute“ mich anstrahlen, meine Hand streicheln und sagen: „Mädchen, da biste ja endlich wieder!“ dann geht mir das Herz auf. Das sind Streicheleinheiten für meine Seele. Sie alle lassen mich ihre Dankbarkeit und Zuneigung spüren. Das ist eine Bestätigung für mich, dass ich wohl alles richtig mache. Und dafür bin ich wiederum dankbar. Es kommt alles zu einem zurück. Auch wenn es manchmal an mir zerrt, wenn zum Beispiel jemand aus der WG von uns geht. Aber meine WG gibt mir die Kraft, die ich für mein Engagement brauche.
S.N.: Was wünschen Sie sich für unser aller Zusammenleben?
A.B.: Ich wünsche mir mehr Akzeptanz unter den Menschen. Und dass sich mehr Menschen zutrauen, sich für andere einzusetzen. Und auch bereit sind, sich mit dem Thema der Endlichkeit auseinanderzusetzen, denn das Engagement für ältere Menschen führt uns an unsere Grenzen. Ich wünsche mir, dass gerade in unserer schnelllebigen Zeit mehr Menschen bereit sind, jemandem eine Stunde ihrer Lebenszeit zu schenken.
Text von Heidi Müller
Bilder von Antje Witt
Interview veröffentlicht: Regionalmagazin „Schönes Nauen“ November – Heft 1/2018